Es ist ein (mir) nur allzu bekanntes Phänomen und es ist ganz schön schade: Bei einem Städtetrip in andere Metropolen erkundet man in wenigen Tagen einen Großteil der dortigen Sehenswürdigkeiten, doch die der Stadt, in der man wohnt, vernachlässigt man nur allzu häufig.
Man nimmt es sich vor und doch… ach, immer ist etwas anderes. Und so kommt es, dass ich seit zwei Jahren in dieser Stadt lebe und mir doch eine Menge dessen unbekannt ist, was Touristen an einem Wochenende hier so zu sehen bekommen: Ich war bisher weder auf dem Michel noch im Miniatur Wunderland oder gar im Hamburg Dungeon und bis auf wenige Ausnahmen gibt es auch im Bereich der Museen und Galerien noch einiges zu entdecken.
Aber: Ich arbeite daran. In kleinen Schritten, aber in lohnenswerten. Zum Beispiel neulich, als ich endlich mal das Museum für Kunst und Gewerbe besuchte. Wie sehr man von einem einzigen Museumsbesuch ausgefüllt und voller Inspiration sein kann, es ist erstaunlich. Umso erstaunlicher, dass wir alle sowas nicht viel öfter machen.
Das Museum für Kunst und Gewerbe ist nicht nur eines der größten und bekanntesten in Hamburg, sondern genießt auch ein hohes Ansehen im Bereich angewandte Kunst. Und, um es kurz zu machen: Es bietet so viel, dass man das alles unmöglich an einem Nachmittag erfassen kann – und das, obwohl ich in Museen nicht unbedingt alle zwei Schritte lang stehen bleibe.
Aber allein, um das wunderschöne Gebäude anzusehen, könnte man das eigentlich schon gut machen. Bewegt man sich dann über den museumstypisch knirschenden Boden durch die einzelnen Räume, hat man ein bisschen das Gefühl, durch die Zeit zu reisen. Und am besten, man reist allein, denn so kann man in jeder Epoche, die einen gerade einfängt, so lang verweilen, wie es Dinge zu entdecken gibt. Das kann, wie gesagt, dauern: Antike, Mittelalter, Renaissance, Barock, Klassizismus, alles da. Von Design, Grafik und Fotografie über Handwerk, Keramik und Gemälde bis hin zur Mode, Schmuck und Möbeln – es ist quasi unmöglich, nichts zu finden, das einen inspiriert, zum Nachdenken anregt, Interesse weckt.
Perfektion, Schein und Sein werden in so vielen kleinen wie großen Gegenständen reflektiert. Es ist erstaunlich, wie viele Themen nie an Aktualität verlieren, wie sich die alten Werke doch so gut auf die Gegenwart beziehen lassen. Und manchmal lassen sich sogar Dinge in die Moderne transportieren – zum Beispiel die virtuellen Versionen der Cembalos, mit denen man mehr oder weniger gekonnt herum probieren oder komponieren darf.
Wenn man aus der „klassischen Kunst“ und der Bewunderung für jahrhundertealtes Handwerk wieder zurück in die Gegenwart reist, hat das MK&G immer noch Unmengen zu bieten. Besonders beeindruckt hat mich hier die Ausstellung „Inspirations“, eine Hommage an Alexander McQueen. Zu sehen sind etwa 30 Modelle der letzten Kollektionen des britischen Modedesigners sowie zwei Videowände mit Impressionen seiner Schauen.
Zudem läuft bis zum 12. Mai noch die Ausstellung Pixar. 25 Years of Animation, die durchaus auch noch mal einen eigenen Nachmittag wert ist. Hier warten unter anderem Zeichnungen der bekanntesten Pixar-Werke und auch einige aus den ganz frühen Tagen, Video-Impressionen der Filme und Macher, Storyboards, Figuren- und Farbstudien und so viel mehr, dass ich gar nicht zu viel verraten will. Man muss kein riesiger Animationsfilm-Fan sein, aber wer auch nur einen einzigen Pixar-Film mag, der wird mit großer Begeisterung durch diese Räume flanieren und all die kleinen und großen, bunten und weniger bunten, die älteren und die neueren Helden wieder entdecken. Und wäre es jetzt nicht so spät, ich würde allein aufgrund der Erinnerung an diesen schönen Nachmittag im Museum für Kunst und Gewerbe noch einmal die Monster AG ansehen.
Fazit: Hingehen! Mehrfach.
Infos:
Steintorplatz
20099 Hamburg
Eintritt: 10 €, ermäßigt 7 €, kostenlos für Besucher unter 18 Jahren