Ich mag Jahresrückblicke sehr. Eigentlich. Ich mag es, zurückzublicken und das Jahr zu bewerten, noch einmal zu rekapitulieren und zu bilanzieren, was so passiert ist. Gutes wie Schlechtes, in der Welt wie im Privaten. Ich mag es, mich erneut an Dinge zu erinnern, die sich mir sowieso unwiderruflich ins Gedächtnis gebrannt haben und an solche, die ich fast schon wieder vergessen habe. Am Ende des Jahres bekomme ich immer auch noch einmal ein bisschen ein neues Zeitgefühl für die vergangenen 365 Tage – es gibt so vieles, bei dem ich verwundert feststelle, wie lange das jeweilige Ereignis schon wieder her ist, genauso aber auch einiges, das mir vorkommt, als läge es schon länger zurück.
Apropos 365 Tage: Da fängt mein Problem mit den TV-Jahresrückblicken schon an. Denn Anfang Dezember kann man wohl kaum auf die gesamten zwölf Monate zurückblicken, schließlich fehlt da einer fast noch vollständig. Scheint in der Programmplanung niemanden zu stören, mich aber dafür umso mehr. Jahresrückblicke ab Anfang Dezember sind völliger Irrsinn, zwischen Weihnachten und Silvester könnten sie sicher ebenso ihren Platz finden und müssten nicht fast 1/12 des Jahres außer Acht lassen. Wäre das der einzige Kritikpunkt, ich könnte vermutlich darüber hinweg sehen. Aber das ist ja leider erst der Anfang, kommen wir also zum Inhaltlichen.
Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich die Jahresrückblicke als konzeptlos einsortieren soll oder ob das Konzept einfach nur „möglichst wirre Reihenfolge verschiedenster Themen und maximaler Anteil boulevardesker/bunter Meldungen“ lautet. So oder so: Das ist grauenvoll. Mit einem kurzen Block zu den Ereignissen aus dem Leben sämtlicher interessanter oder auch weniger interessanter Personen des öffentlichen Lebens hätte ich natürlich kein Problem, aber allzu oft machen diese Sequenzen den Großteil der Sendung aus. Und ziehen sich so lang hin, dass man aufpassen muss, die kurzen Momente wertvoller Information und informativen Rückblicks nicht zu verpassen, weil man vorher mal kurz weggenickt ist.
Überhaupt, dieses ganze wilde, wahllose Durcheinander der Themen, in dem auf große Dramatik und bewegende Momente auch mal völlig belangloser Unsinn aus dem Bereich der Kuriositäten folgt… Dieses Durcheinander, in dem allzu oft keine Zeit zum Verweilen oder Nachdenken ist, weil der nächste Promi dringend auf dem Sofa Platz nehmen und über irgendwas völlig anderes berichten muss. Das hinterlässt bei mir allzu oft ein schales Gefühl und das dringende Bedürfnis, direkt umzuschalten.
Warum können Jahresrückblicke im Fernsehen nicht mal insgesamt nach Themenfeldern oder auch Monaten geordnet sein? Sicher, auch da würden sich verschiedenste Meldungen aneinander reihen – dennoch, es erscheint mir als ein würdigeres Format, wenn relevante Inhalte aufeinander folgen, statt alles mit leicht verdaulichen Boulevardinhalten zu durchsetzen. Es wäre schön, einen Jahresrückblick zu sehen, in dem jedes einzelne Themenfeld mehr als nur 30 knappe Sekunden erhält, bevor gleich wieder die nächste „unglaubliche Geschichte (!!!)“ dazwischen funkt und irgendeinen einfach zu verarbeitenden YouTube-Hit oder ähnliches präsentiert. Keine Frage, auch für verrückte Meldungen wäre mal Platz – sie sollen ja nur nicht gefühlte 80 Prozent der Sendung ausfüllen.
Es könnte so simpel sein und ich frage mich ernsthaft, warum die ausgeglichene Gestaltung eines Jahresrückblicks offenbar eine so schwer zu bewältigende Aufgabe ist. Vielleicht bin ich einfach nicht die Zielgruppe, aber so gewinnt mich das Fernsehen leider auch nicht zurück.