…und in schwarzgelb.
Danke, Jungs. Das möchte ich als allererstes mal sagen. Danke für so viele unvergessliche Fußballmomente, dass man doch fast den Überblick verliert. Danke für so viele Emotionen und dafür, dass ich mir zumindest einbilde, deutlich stärkere Nerven bekommen zu haben. Danke für so viel Fanfieber und danke immer wieder für die komplette Portion Fußball. Was ihr macht, das ist der Wahnsinn.
Es gab in diesem Jahr schon so einige Spiele des BVB, nach denen sich alle sicher waren, dass die jeweilige Begegnung an Dramatik auf Jahre nicht mehr zu überbieten sei. Tja, falsch. Ein Talent dieser Mannschaft ist, dass sie solche Annahmen innerhalb kürzester Zeit widerlegen kann – ich erinnere da nur an die kurze Abfolge der Champions League-Begegnungen gegen Malàga in Dortmund und gegen Real Madrid auswärts. Jetzt also das Vorrundenfinale gegen Marseille.
Man muss sich an jedem irgendwie entscheidenden Fußballabend darauf einstellen, dass ein neuer Adrenalin-Superlativ erreicht wird. Das ist anstrengend, ja. Sehr sogar, das lässt sich nicht bestreiten. Das ist aber doch auch immer wieder unglaublich fantastisch, denn all diese Emotionen, genau das ist Fußball. Und genau so kann die einfach nur der BVB auslösen (ja, meine Sicht ist auch ein bisschen verzerrt, aber diese besondere Form von Dramatik, Tränen und dann doch wieder Freude, die ist eindeutig schwarzgelb). Vielleicht hat der BVB die Möglichkeit, dass schon entschieden scheinende Spiele sich doch noch mal drehen, noch mal neu erfunden. Manchmal kommt es mir zumindest so vor.
Am gestrigen Abend habe ich keineswegs ein ruhiges Spiel erwartet. Den ganzen Tag über beschlich mich eine sehr merkwürdige Mischung aus Anspannung und Skepsis ob des abendlichen Ergebnisses, durchsetzt mit optimistischen Funken. An sich ein gutes Zeichen, denn exakt so ging es mir auch vor den Begegnungen gegen Malàga und Real Madrid – ein Zeichen, das mir eine kleine Warnung hätte sein können.
Es schien verhältnismäßig entspannt loszugehen, vierte Minute, Tor von Robert, schön schön, erst einmal im Sessel zurücklehnen. Mit großem Grinsen was über die optimale Chancenverwertung, die ja immer wieder diskutiert wird, twittern. Diese Sitzposition währte allerdings nicht allzu lang, zehn Minuten später der Ausgleich. Ich blieb ruhig, beschwor die Jungs vor dem Fernseher. Quasi wieder 0:0, alles offen, noch 75 Minuten zu spielen.
Mit Beginn der zweiten Halbzeit ging es dann richtig los, gefühlt war der BVB ausschließlich vor dem gegnerischen Tor. Chance folgte auf Chance, das Ergebnis blieb das selbe. Bis Neapel gegen Arsenal in Führung ging. Zwischenstand: Saisonziel Überwintern in der Champions League verfehlt. Aber Verzweifeln ist ja nie die Lösung. Und auch wenn es mitunter viele Chancen braucht und große Hochkaräter, so liebe ich es bei diesem Team umso mehr, dass sie niemals aufgeben, dass sie kämpfen, rennen, passen, flanken und alles probieren, bis zum Schluss. Der Wille, doch noch zu gewinnen, scheint eher mit jeder verstreichenden Minute unbändiger denn kleiner zu werden. Das ist enorm und das ist eine fantastische Einstellung.
Und vielleicht ist das der Funke, der dann doch den Ausschlag gibt. Ich bin ja überzeugt, dass man mit Optimismus weiter voran kommt als mit stetigem Zweifeln. Auch die gestrige Bergwanderung auf dem Adrenalinthermometer nahm dann doch noch ein wunderbares und erlösendes Ende: Kevin Großkreutz, ausgerechnet Kevin Großkreutz, verwandelte die wohl unwahrscheinlichste aller Torchancen, bei der er nicht mal den Ball richtig traf und weg rutschte. Egal, völlig egal! Ein Liebesrausch in schwarzgelb, schon wieder, wie oft können Nerven sowas mitmachen? Kevin Großkreutz, immer wieder Kevin Großkreutz. Kevin Großkreutz, der viel zu oft schon abgeschrieben, aus der Mannschaft heraus gerechnet geworden war und der sich seinen Platz umso mehr erkämpft und diesen verdient.
In den verbleibenden sieben Minuten schaute ich natürlich immer wieder nervös auf die Uhr, konnte diese Nachspielzeit kaum fassen, die Sekunden schienen nicht vergehen zu wollen. Ruhig bleiben, jetzt keine Fehler, nur noch wenige Meter zum Achtelfinale. Und dann die zweite Welle riesengroßer und felsenschwerer Erleichterung: We are in! Die Pointe: Sogar als Gruppensieger, ist klar. Und auch das passt nur allzu sehr zum BVB.
Natürlich ist in den letzten Spielen nicht alles wunderbar glatt gelaufen, natürlich gab es ärgerliche Punktverluste. Aber es befremdet mich zugegeben auch sehr, wenn Menschen immer diese ausschließliche Gewinnerwartung an den Tag legen. Es muss nicht in jeder Begegnung so ein Adrenalinrausch stattfinden wie gestern, aber zum Fußball gehört halt für mich auch das ganze Auf und Ab mit bitteren Niederlagen und Last-Minute-Siegen. Natürlich ist Gewinnen umso wunderbarer, aber man weiß es vor allem auch zu schätzen, wenn es nicht selbstverständlich ist.
Ich persönlich finde, dem BVB gebührt in dieser Vorrunde enorme Achtung. Ich habe großen Respekt vor Jürgen Klopp und dem Trainerteam, das nach wie vor fantastische Arbeit leistet, vor allem bei der aktuellen Verletztensituation in Anbetracht der Vielzahl von Spielen. Kloppo, der immer wieder funktionierende Lösungen präsentiert, der immer wieder Vertrauen in junge Spieler mit großen Potentialen setzt – mit meist beeindruckenden Ergebnissen. Ich habe großen Respekt vor dieser Mannschaft, die eben auch all diese Änderungen umsetzt. Vor dieser Mannschaft, die immer wieder umgestellt wird, immer wieder mit neuen Strukturen spielt. Vor den Spielern, die in jedem Spiel den gleichen riesigen Willen zeigen, sich nicht zurück fallen lassen und auf andere verlassen. Die stattdessen stets weiter an ihre Grenzen und darüber hinaus gehen, weil Rotation grad einfach mal schwerlich möglich ist. Und ich habe großen Respekt vor so sensationellen Nachwuchsspielern wie Erik Durm und Marian Sarr für solche enormen Debuts. Dafür, dass sie über sich hinaus wachsen unter den schwierigsten Startbedingungen. Das ist besonders, das ist ganz bestimmt alles nicht selbstverständlich. Danke, BVB.
Sensationelle Zusammenfassung meiner Gefühle. Danke dafür!
Ich danke für das Kompliment. 🙂