Herzbruch für 80.000

IMG_9007Keine Frage: Samstagnachmittage werden sich ab der nächsten Saison anders anfühlen. Natürlich, der BVB bleibt – aber wie das so sein wird ohne Kloppo, das können sich vermutlich dennoch die wenigsten so wirklich vorstellen. Wie soll das auch gehen: Ein Tor ohne diese überbordende Energie, die sich nur in schwarzgelben Luftsprüngen entladen kann? Ein erkanntes taktisches Potential, das nicht über wilde Gesten kommuniziert wird? Eine Fehlentscheidung zugunsten des Gegners, die nicht entsprechend emotional begleitet wird? Ich weiß es nicht.

Der letzte Samstag war ein höchst merkwürdiger Spieltag: Einer für den Abschied, obwohl es doch noch gar nicht vorbei ist. Denn ein großes Spiel wartet am Wochenende noch – das, in dem der BVB Pokalsieger werden, eine aufreibende Saison doch noch mit einem Titel zum Abschluss bringen und Kloppo noch einmal um den Borsigplatz fahren lassen kann. Doch das große Zuhause, das Westfalenstadion, den schwarzgelben Tempel hat er bereits am Samstag mit dem letzten Besuch als Trainer hinter sich gelassen. Mit einem 3:2 gegen Werder, das vielleicht sogar symbolisch für die Saison sein mag: hohes Potential, sehr gute Chancen, aber doch immer wieder Gegenwind und viel zu einfache Gegentreffer. Schwamm drüber, muss auch sein, da muss man als Fußballfan auch durch, um Erfolge überhaupt schätzen zu können.

Doch der Verlust von Kloppo als Trainer schmerzt, in jeder Faser der schwarzgelben Herzen – auch, wenn die Entscheidung so nachvollziehbar und vermutlich klug und richtig ist. Womöglich hat kein Trainer den Verein so sehr geprägt (zumindest nicht, seit ich den BVB verfolge), ist so sehr Teil von ihm gewesen. Dass Kloppo geht, fühlt sich durchaus an, als würde man ein Stück BVB verlieren. Das Herz bleibt, aber es tut weh.

Und so fuhren wir am Samstag mit gemischten Gefühlen in die schwarzgelbe Fußballmetropole. Je näher dran, umso turbulenter das Innenleben. Und weil es so schön war (und ja noch nicht emotional genug!), erstmal Best-Of-Videos bei YouTube ansehen. Vor dem Spiel die Verabschiedung von Sebastian Kehl, spätestens hier waren 80.000 Herzen mindestens angebrochen. Ein prägender Trainer, ein prägender Spieler, das ist doch irgendwie alles nicht wahr. Es folgten 90 Minuten Ablenkung und dann der Moment, auf den alle und doch niemand wartete.

Abpfiff, doch das Stadion blieb voll. Kloppos Rede kam per Einspieler (kluger Mann) und wo die Tribüne sonst vor Fußballfreude bebte, tat sie es dann vor Traurigkeit. Noch immer nicht fassbar, dass es das einfach war, mit dem Gespringe, den besten Pressekonferenzen und Interviews überhaupt, mit Kloppo-Emotion bis zum absoluten Maximum. Auf einmal war es ganz still, jede Sekunde zog sich und war doch nicht genug. Es war vermutlich ein merkwürdiges, aber auch ein sehr schönes Bild, wie sich auf der Südtribüne wildfremde Menschen gegenseitig Tränen aus dem Gesicht wischten, trösteten, aufmunterten: Herzbruch bei 80.000.

Kloppo, danke für alles! Danke für sieben magische Jahre, danke für so viel Fußballfreude, dass es mir ein Rätsel ist, wie man ihr hätte entgehen können. Danke für alles und noch viel mehr. Farewell und merci für diese wundervolle und in so vielerlei Hinsicht unvergessliche Zeit! Ich bin gespannt, wohin dein Weg dich führt (aber einer von den Schwarzgelben bleibst du sowieso ;)).

4 Gedanken zu „Herzbruch für 80.000

  1. Eine sehr schöne Zusammenfassung der schwarzgelben Gefühlsachterbahn des letzten Spieltags. Kann mir den BVB auch noch schlecht ohne Klopp vorstellen. Wenngleich ich unter Tuchel keine Tristesse in der Coaching-Zone befürchte. 🙂

    • Danke, lieber Patrick! Ich glaube, fast niemand kann sich das so wirklich vorstellen… Klar, Tristesse in der Coaching-Zone ist unter Tuchel auch unwahrscheinlich – aber das wird ja doch irgendwie ganz anders… Aber da sind Vergleiche auch unnütz. 😉 Ich bin gespannt. Und traurig, immer noch, auch wenn ich es verstehe. Erstmal gilt es jetzt noch, für Kloppo den Pokal zu holen! 😀

  2. Pingback: #Link11: Der Proceß | Fokus Fussball

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