2020 war anstrengend.

Wenn 2020 ein Motto gehabt hätte, wäre es wohl dieses gewesen: „Ist wie ne Tür. Musste durch.“ Zu den Tiefen und Momenten außerhalb jeder Komfortzone muss ich vermutlich kaum jemandem etwas erzählen – ich mache es in diesem Blogbeitrag trotzdem noch. 😉 Aber: Ich ergänze auch um ein paar Highlights, versprochen! Los geht’s:

Mud Cake gegen Australien-Vermissung

JANUAR
Im Januar schneite ein Mobilität, Freiheit und mehr Zeit ermöglichendes Flöckchen in die heimische Garage, auch wenn ansonsten vom Winter wenig zu sehen war. In Erinnerung an den australischen Sommer (und durch ein doch nicht wie geplant in München verbrachtes Wochenende) buk ich aus schier unendlicher Vermissung und Traurigkeit einen Mud Cake. Ja, ICH buk – eigentlich hätte ich da schon ahnen müssen, dass mit diesem Jahr etwas nicht stimmen konnte…
Deutlich näher dran an meinem normalen Ich war hingegen ein großartiger Sushi-Abend, der mit Gin im Hallmackenreuther endete – und sich ob des weiteren Jahresverlaufs gerade so viel weiter weg anfühlt, als es normalerweise bei 12 Monaten der Fall wäre…

FEBRUAR
Im Februar machte ich vor allem Februardinge: Lesen, Serien gucken, eine Erkältung auskurieren. Auf der Netflix-Gesehen-Liste standen neben Narcos, Miss Americana und When they see us auch The Circle und Love is blind. Eigentlich mache ich einen groooßen Bogen um Reality-Shows, diese beiden fingen mich aber ein, da sie nicht nur bloßstellten und Fremdschämen provozierten. Die Teilnehmer waren menschlich und (meist) sympathisch, die Formate eher soziologische und sozialempirische Fallstudien (und ja, vielleicht rede ich mir das schön – aber es gibt schon einen Unterschied ;)).

Kaiserwetter und die letzten Tage „old normal“

MÄRZ
Als Mensch, in dessen Kopf permanent To-do-Listen wie lustige Karusselle rotieren, ist es für mich eher untypisch, im März den Jahresurlaub noch nicht vollständig verplant zu haben. Tja, 2020 wohl ein Glücksfall… Ich verschob die Urlaubsplanung auf „nach dem Skiurlaub“, und damit fuhr dieser Task direkt ins Archiv. Jener begann gerade noch im „old normal“: Die ersten Corona-Fälle in Deutschland waren zwar verzeichnet, doch welche Auswirkungen und Dynamik das Geschehen haben würden, das war noch gar nicht wirklich klar. Wir hörten im Verlauf auch aus Ischgl, doch ohne Affinität zu Après-Ski schien die Gefahr zunächst recht fern. Doch dann ging alles ganz schnell: Der Freitag, der 13. machte seinem Namen alle Ehre und alles anders. Mit Rückkehr nach Hause ging die Wohnungstür zu, Quarantäne und Home Office dagegen an. Im Nachhinein ist es fast lustig, dass der geplante Elternbesuch erstmal auf Ostern verschoben wurde – little did we know… Was folgte, waren für den März und das gesamte Frühjahr unendlich viele Corona-News, unendlich viele Stunden an Rechner und Smartphone, unendlich viel Zeit zwischen Hoffen und Bangen, Verarbeiten und Eruieren…

Balkon Life

APRIL
Im Rückblick überhaupt nicht überraschend wurde auch Ostern gecancelt, ebenso wie der eigentlich geplante Konferenzbesuch beim Digital Summit. Statt Jet Lag in Seattle wartete die Aufarbeitung des Time Lags auf dem heimischen Balkon, der nach drei Jahren endlich mal so gestaltet wurde, dass man dort auch Zeit verbringen mochte. Die Kölner Sonne erkannte dies amtlich an und stempelte einen überaus freundlichen Frühling ins Wettertagebuch. Durch den anhaltenden Corona-Shutdown fand sich nicht nur sehr viel Zeit zum Laufen, im Haus fand sich auch unsere eigene kleine Corona-Garten-Community – so lernt man auch endlich mal die Nachbarn kennen (und umso mehr zu schätzen <3!).

MAI
Die großen Trends des Jahres ließen auch mich nicht kalt, also ging ich nicht nur mehr spazieren als jemals zuvor, sondern kaufte mir im Mai auch ein Fahrrad. So konnte ich nicht nur den öffentlichen Nahverkehr fast völlig vermeiden, sondern mir auch mehr Bewegung als notwendiges Gegenmittel zu frequenten Kuchenkäufen und endlich wieder möglichen Outdoor-Besuchen im Lieblingscafé verschreiben. Da das weitere Umfeld aufgrund des limitierten Corona-Aktivitätsradius so fern lag, entdeckte ich das naheliegende: Nach sechs Jahren Köln radelte ich endlich mal zum Schloss Brühl, durchwanderte den Kottenforst, entdeckte nebenbei einen neuen Favoriten mit dem Wirtshaus Josef und freute mich auf dem Rückweg regelmäßig über schönste Sonnenuntergänge mit Domblick.
Neben der startenden Global Challenge wartete im Job eine weitere Herausforderung: Mein erstes fast rein digitales Onboarding eines neuen Team Members. Um das fehlende klassische Kennenlernen inkl. Small Talk und Büro-Unterhaltungen auszugleichen, erfand ich eine wöchentliche digitale Fragerunde. Von „Was war das letzte Buch, das du gelesen hast?“ über „Wie sieht ein perfekter Tag für dich aus?“ bis zu „Was wäre deine Superkraft?“ diskutierten wir quasi alles. Was mich sehr happy machte: Nicht nur das Team mochte Idee und Durchführung, sondern mittlerweile haben andere die Idee aufgegriffen. (Bin ich jetzt Leadership-Influencer? ;))
Einen weniger schönen Einfluss nahmen hingegen DFL-Debatten auf meine Fußball-Begeisterung. In einer globalen Pandemie teils so absurd auf der Notwendigkeit stattfindender BuLi-Spiele zu beharren, während jeder kleine Verein aussetzt, nahm mir tatsächlich viel Leidenschaft für den Lieblingssport. Dass Spiele inkl. Reisen auch im Winter noch stattfinden und wertvolle Testkapazitäten binden, hat die Situation nicht verbessert.

Ach, Kölle… <3
Wanderung in Wallonien

JUNI
Der Juni begann mit Hoffnung – unter anderem auf einen vielleicht doch möglichen Geburtstag im ganz kleinen Familienkreis. Der traditionelle Romtrip fiel zwar wie erwartet aus, dafür verbrachte ich einen wunderschönen Tag in der nordhessischen Heimat inkl. Start auf der Lieblingslaufstrecke. Neben dem absolut und unwiderruflich schönsten Geburtstagsgeschenk ever (da kann nichts mehr drüber, ich bin sicher), wartete der Juni zudem mit vier sehr entspannten Tagen in einem winzigen Ort in Belgien auf. Plan dafür: Schlafen, essen, lesen, schwimmen, wandern, mehr und sehr gut essen, repeat. Und auch, wenn Belgien aktuell ebenfalls weiter weg zu sein scheint als jemals zuvor: Das wird wiederholt, wann immer es auch möglich ist!

JULI
Sonst ist der Juli ja einer meiner Favoriten-Monate, 2020 war er ein schier unendlicher Ritt auf einer rasierklingenscharfen Gefühls-Achterbahn. Von Euphorie bis Erschöpfung, von Ruhe bis Sturm, von guten Menschen bis zu menschlicher Fehleinschätzung, es war alles mit dabei. Von Klarheit zu Ratlosigkeit brauchte es manchmal nur Minuten. Da Katzen bekanntlich immer helfen und mit Oxytocin Glückshormone ausschütten, sittete ich die Nachbarskatze – um mich dabei auszuschließen und einen Nachmittag ungeplant außerhalb meiner Wohnung zu verbringen. Während die Katze erst schlief und dann nach draußen zum Jagen ging, klar. Keine weiteren Fragen – wobei, zur Steuererklärung, die zurück in der Wohnung auf mich wartete, hatte ich einige (aber schaffte es immerhin dann doch, diese zu beenden). Was hingegen im Juli definitiv zu den Highlights zählte: Fantastische, wertschätzende und berührende Feedbacks, das Wiedersehen mit einer Schulfreundin am Rhein nach Jahren und ein großartiger Grillabend.

Sehr viel Liebe für Südtirol
oder: Wandern gegen den 2020er-Wahnsinn

AUGUST
Im August warteten gleich zwei Reisen auf mich – was in den letzten Jahren nicht ungewöhnlich gewesen wäre, war 2020 völlig untypisch. Für einen Workshop begab ich mich für zwei Tage nach Berlin und tauchte in völlig andere spannende Themen ein, was sehr viel Spaß machte – auch, wenn die Abendplanung coronabedingt anders (bzw. ganz) ausfiel, aber in Form sehr guter Telefongespräche etwas nachgeholt wurde.
Ende August freute ich mich unendlich auf die vor Corona geplante und tatsächlich stattfindende Wander- und Kletterwoche in Südtiroler Abgeschiedenheit. Da im Urlaub zu entspannen ja völlig überbewertet ist, startete Tag 1 mit Adrenalin frei Haus: Für mich als Noch-immer-Kletter-Newbie stand eine Tour mit Seil- und Hängebrücken an, bei denen ich nicht erwartete, den Gipfel tatsächlich zu sehen. Aber man wächst ja mit seinen Aufgaben… Und manchmal wächst halt auch die Selbstüberschätzung – z.B. wenn man am Folgetag denkt „Ach, von der Edelrauthütte bis zur Napfspitze, das passt schon in 40 Minuten“ und der Berg einem nonchalant mal die Grenzen der Schnellkondition in der Höhe zeigt. Allerdings hatte er die Rechnung ohne mein Ehrgeiztier gemacht, das dann doch erschöpft den Gipfel erklomm (und nach 20 Minuten für den Rückweg wieder verließ). Da es immer noch 2020 war, konnte natürlich auch der Urlaub nicht einfach nur nett sein, sondern stellte eine kleine Gegenrechnung in Form von Nerverei. In diesem Fall war’s ein Haftpflichtfall (aber zumindest lernte ich den Service meiner Versicherung zu schätzen…).

September-Mood

SEPTEMBER
Da der August wohl zu viele Highlights hatte, schoss der September schnell und offensiv an Lowlights nach. Eine Nierenbeckenentzündung verfrachtete mich ins Bett und meine Freude an Tee und Wärme auf einen absoluten Tiefpunkt. Kaum war diese auskuriert, stand eine Woche mit Katze an, die – im Gegensatz zum vorbildlichen kleinen Panther – mal so richtig die Krallen zeigte. Es war der bloße Wunsch nach Ruhe, während 2020 sich wohl dachte „Guck mal, das habe ich noch ganz unten im Keller der unschönen Unwägbarkeiten gefunden!“. Tja, Knaller – aber leider eher so einer, der in der Hosentasche hochgeht. 🙁

Cheers to the holidays!

OKTOBER
Anfang Oktober hatte ich noch die Chance, meine älteste Freundin zu besuchen (natürlich coronakonform mit laaangem Spaziergang) und nach zigfachem Hin- und Herüberlegen und -schieben standen ein paar weitere Tage Urlaub an. In Neuss. Wer hätte 2019 gedacht, dass das eine der Destinationen 2020 werden würde? Aber da dieses Jahr ja sowieso im Zeichen der Merkwürdigkeiten und der Entdeckung des Umlandes stand, wohl durchaus folgerichtig und auch empfehlenswert. Schönes Hotel, ein Zimmer wie eine eigene Berghütte, Kamin, ein Stapel Bücher, Süßigkeiten und zwischendurch endlich wieder schöne Nachrichten – perfekt!

NOVEMBER
Eigentlich ist der November der Monat, den ich im Jahr am wenigsten mag. Er ist nass-kalt und regnerisch, es wird mit fulminanter Geschwindigkeit täglich früher dunkel, die letzten warmen Tage sind endgültig vorbei UND der erste Jahresendstress kündigt sich an. Aber: 2020 zerschmetterte der November das sorgsam verriegelte Schloss zu seinem kleinen Verließ aus ausgedünnten Erwartungen und malte ein Feuerwerk neuer Perspektiven in den grauen Himmel. Mit Sorge blickte ich ob des allgemeinen Weltgeschehens in die USA, fieberte mehr mit als bei so mancher hiesiger Wahl in der Vergangenheit, schlief gefühlte Tage nicht, teilte jeden Feierabend mit Wolf Blitzer, doch dann stand es fest: Biden gewinnt die Wahl. Der November machte Hoffnung und Laune, zu feiern. Da das so richtig nicht möglich war, halt innerlich. Keine Frage, Joe Biden und Kamala Harris haben eine große Aufgabe, aber ihr Sieg ist auch ein Zeichen für Zuversicht, ein bisschen mehr Vernunft und Normalität in Gaga-Zeiten. Und apropos Veränderung: Ich führte ein wichtiges Gespräch, vor dem ich durchaus nervös war und andere richtig gute Gespräche, die dazu führten, dass ich im November eine neue berufliche Herausforderung ab 2021 annahm, auf die ich mich riesig freue. Gleichzeitig folgte ein sehr schweres Update: Das an mein immer sehr geschätztes Team, das mir alles andere als leicht fiel.

DEZEMBER
Neben Weihnachtsvorfreude versteckte auch der Dezember in seinem Countdown noch unliebsame Päckchen. Deutlich geschätztere Varianten konnte ich hingegen an einige gute Menschen versenden, deren Zeit und Worte in diesem an schönen Momenten nicht unbedingt reichen Jahr mein Sonnenschein-Äquivalent bildeten. Da 2020 in vielerlei Hinsicht zum Davonlaufen war, lief ich dann auch noch mehr als sonst. Um das Gaga-Jahr formvollendet zu finalisieren, versteht es sich dabei wohl von selbst, dass ich mich natürlich bei Glatteis so sensationell auf die Nase legte, dass ein blauer Fleck von Knie bis Knöchel und ein angeschlagenes Telefon ein spontanes Trampen (natürlich mit Maske) erforderten. Aber, um auch dies von der guten Seite zu betrachten: Wie schön, dass es so nette Menschen gibt, die einen auch in diesen Zeiten mitnehmen. Ich hätte wohl einfach unter dem Baum sitzen bleiben und Plätzchen essen sollen. 😉

Insgesamt bleibt auch mit der obligatorischen Verspätung (ähm, dem gebotenen Abstand, haha!) zu sagen: 2020, du warst ein fieses Tierchen. Ein seltsames, ein verrücktes, ein lehrreiches, aber vor allem ein nervenzehrendes und anstrengendes. Du hast sowas von gezeigt, dass all das, was man vorher als vermeintliche Normalität einfach hinnahm, überhaupt nicht selbstverständlich ist. Du hast Routinen ohne Vorwarnung aufgebrochen und den Reset-Button ohne Rücksicht auf mögliche Verluste gedrückt.

Du hast neue Fähigkeiten gefordert und mich von „überall in der Welt“ auf „zuhause“ zurück kalibriert, hast mich kochen lassen (asiatisch, vor Wut, manchmal auch nur mit Wasser) beim gleichzeitigen Versuch, das Lieblingscafé so oft wie möglich zu unterstützen, hast mich das Reisen vermissen und gleichzeitig umso mehr Reise-Nachhaltigkeitsfragen stellen lassen.

Ich bin dankbar für den Beweis, wie hoch meine Resilienz ist, wenn es drauf ankommt. Ich bin dankbar dafür, dass ich als freiheitsliebender Mensch mit hohem Sozialbedürfnis dennoch recht schnell und gut adaptieren konnte. Ich bin dankbar für meine Wohnung, die Möglichkeit eines Rückzugsorts, für den Balkon und den Park um die Ecke. Diese Dankbarkeit ist wichtig – aber: 2021, du darfst trotzdem gern ein bisschen netter werden! 😉

Ein Gedanke zu „2020 war anstrengend.

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